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Zu den Anforderungen an eine Einwilligung

Der Bundesgerichtshof entschied am 28.05.2020, dass keine wirksame Einwilligung in telefonische Werbung gegeben sei, wenn dies einen unverhältnismäßigen Aufwand voraussetze. Zudem sei eine vorankreuzte Check-Box nicht geeignet, eine wirksame Einwilligung in die Speicherung von Cookies zu geben.

Wann wird wirksam in telefonische Werbung und Cookies eingewilligt?
Die Beklagte veranstaltete über ihre Internetseite ein Gewinnspiel. Dafür hatten die Teilnehmer auch Name und Anschrift anzugeben. Unterhalb des Adressfeldes befanden sich zwei Ankreuzfelder. Das erste Ankreuzfeld war nicht vorangekreuzt. Hier sollten die Nutzer ihr Einverständnis mit Werbung durch Sponsoren und Kooperationspartner der Beklagten per Post, Telefon, E-Mail oder SMS erklären. Die in Frage kommenden 57 Unternehmen konnten aus einer verlinkten Liste selbst ausgewählt werden. Es war aber auch eine Abmeldung und damit die Verweigerung des Einverständnisses möglich. Das zweite Ankreuzfeld war bereits vorangekreuzt. Damit erklärten sich die Nutzer einverstanden, dass der Webanalysedienst Remintrex eingesetzt wird. Als Folge davon konnten nach Registrierung des Nutzers für das Gewinnspiel Cookies eingesetzt werden. Diese dienten der Auswertung des Surf- und Nutzungsverhaltens auf den Webseiten der Werbepartner und ermöglichten somit interessensbezogene Werbung durch Remintrex. Es war dazu auch eine Erläuterung verlinkt. Diese wies darauf hin, dass die Cookies eine bestimmte, zufallsgenerierte Nummer (ID) erhalten. Die ID wiederum wurde den Registrierungsdaten der Nutzer zugeordnet, die sich mit Namen und Adresse in das bereitgestellte Webformular eintrugen. Würden die Nutzer mit der gespeicherten ID die Webseite eines der Werbepartner besuchen, sollte sowohl dieser Besuch erfasst werden als auch, für welches Produkt sich die Nutzer interessieren und ob es zu einem Vertragsschluss kommt. Der voreingestellte Haken konnte auch entfernt werden. Die Teilnahme am Gewinnspiel war jedoch nur möglich, wenn mindestens eines der beiden Ankreuzfelder angekreuzt war. Hiergegen ging der Kläger – der Bundesverband der Verbraucherzentralen – vor. Er mahnte die Beklagte ab und verlangte ein Unterlassen. Der Rechtsstreit landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof. Dieser setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH verschiedene Auslegungsfragen u.a. zur Datenschutzrichtlinie sowie zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vor. Mit Urteil vom 01.10. 2019 (Az. C-673/17, PLANET49) entschied der EuGH über die gestellten Fragen. Auf dieser Basis urteilte nunmehr der BGH im Rahmen der Revision.

Unzumutbare Belästigung
Der Bundesgerichtshof entschied zur Einverständniserklärung in die telefonische Werbung (1. Ankreuzfeld), dass diese unwirksam sei. Denn sie verstoße gegen § 307 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Nach § 307 Abs. 1 BGB seien Bestimmungen unwirksam, wenn sie den Verbraucher unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung sei im Zweifel anzunehmen, wenn die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar ist. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG stelle telefonische Werbung gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung stets eine unzumutbare Belästigung dar.

Auslegung des Begriffs Einwilligung
Der BGH setzte sich sodann mit der Auslegung des Begriffs „Einwilligung“ auseinander. Der Begriff müsse richtlinienkonform bestimmt werden. Bis zum 24.05.2018 definiere sich der Begriff „Einwilligung“ nach den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG. Seit dem 25.05.2018 könne für die Bestimmung des Begriffs die in der DSGVO vorgesehene Definition herangezogen werden.

Keine Einwilligung nach Richtlinie 95/46/EG
Bei einer Einwilligung iSd Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) komme es darauf an, ob diese „in Kenntnis der Sachlage“ erteilt werde, so das Gericht. Dafür müsse der Verbraucher wissen, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstellt und worauf sie sich bezieht. Die Einwilligung erfolge „für den konkreten Fall“, wenn klar sei, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen konkret erfasst seien. Daran fehle es vorliegend. Denn die Einwilligungserklärung sei so gestaltet, dass der Verbraucher mit einem aufwendigen Verfahren zur Unternehmensauswahl aus einer Liste konfrontiert werde. Dadurch werde er veranlasst, von der Auswahl abzusehen und stattdessen der Beklagten die Auswahl zu überlassen.

Keine Einwilligung nach EU-Verordnung 2016/679
Der BGH entschied, auch nach der Verordnung (EU) 2016/679 fehle es an einer hinreichend konkreten Einwilligung. Danach müsse eine solche Einwilligung durch eine eindeutige bestätigende Handlung erfolgen, die freiwillig, für den konkreten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich bekundet wird. Dafür müsse Inhalt, Zweck und Tragweite der Erklärung hinreichend konkret sein. Nur in einem solchen Fall könne die betroffene Person mit der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten einverstanden sein. Daran fehle es vorliegend aber gerade.

Rechtslage bis 24.05.2018
Der BGH war der Ansicht, die erklärte Einwilligung in die Cookieverwendung (2. Ankreuzfeld) mittels voreingestelltem Ankreuzkästchen stelle nach alter wie nach neuer Rechtslage eine unangemessene Benachteiligung dar. Nach der bis zum 24. Mai 2018 geltenden Rechtslage sei dies mit wesentlichen Grundgedanken des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG nicht vereinbar. § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG sei dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass keine wirksame Einwilligung vorliege, wenn Speicherung oder Zugriff auf Informationen durch ein voreingestelltes Kästchen erfolgt, welches der Nutzer bei Verweigerung abwählen müsse. Auf die Frage, ob es sich bei den Informationen um personenbezogene Daten handelt, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Auch liege kein Ausnahmetatbestand für technisch notwendige Cookies vor, da es sich um Werbe- und Marketing-Cookies handelt.

Fehlender Umsetzungsakt ändert nichts
Der richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG stehe nicht entgegen, dass der deutsche Gesetzgeber bisher keinen Umsetzungsakt vorgenommen hat, so das Gericht. Denn es sei anzunehmen, dass der Gesetzgeber die bestehende Rechtslage in Deutschland für richtlinienkonform erachtet.

Rechtslage ab 25.05.2018
Der BGH urteilte, dass sich an dieser Rechtslage seit Geltung der DSGVO nichts geändert habe. Denn sie lasse die Fortgeltung des § 15 Abs. 3 Satz 1 TMG unberührt. Für die Definition der Einwilligung sei nunmehr Art. 4 Nr. 11 DSGVO heranzuziehen. Das führe aber zum selben Ergebnis; eine Rechtsänderung trete hierdurch nicht ein. Der EuGH habe auch diesbezüglich entschieden, dass ein vom Nutzer abzuwählendes, voreingestelltes Ankreuzkästchen keine wirksame Einwilligung darstelle.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.05.2020, Az. I ZR 7/16